Bargeld auf einem Tisch liegend mit Etikett, auf dem "Rente" geschrieben steht

Ausstieg aus Basisrentenvertrag (Rürup- und Riester-Versicherungen) I

Die Corona-Krise hat viele unserer Mandanten dazu bewogen, sämtliche Ausgaben auf Optimierungsbedarf zu überprüfen. Dabei kommen auch langfristige Verträge wie Basisrentenverträge (Rürup- und Riester-Versicherungen) auf den Prüfstand. Ein Fallbeispiel aus unserer Beratungspraxis.

Ausgangssituation

Unser Mandant, ein selbständiger Unternehmer, machte bei der Überprüfung seines bestehenden Rürup-Vertrages (ein Vorsorge Basis-Rente Fonds) und der erhaltenen Standmitteilung eine nicht hinnehmbare Entdeckung. Er müsste weit über 100 Jahre alt werden, um wenigstens seine langjährig in den Vertrag eingezahlten Beiträge zurückzuerhalten. Angesichts der fehlenden wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Rentenversicherung suchte er nach einer Ausstiegsmöglichkeit und ließ sich von uns anwaltlichen beraten.

Fehlende Aufklärung über die bestehenden Nachteile

Bei der Erörterung des Sachverhalts stellte sich heraus, dass unser Mandant von seiner Versicherungsvertreterin nicht über die erheblichen Nachteile und Beschränkungen seines im Jahre 2015 abgeschlossenen Rürup-Vertrages aufgeklärt worden war. Insbesondere wurden ihm die gravierenden Unterschiede zwischen einer Rürup-Rente (Basisrentenvertrag) und einer gewöhnlichen (fondsgebundenen) Rentenversicherung nicht hinreichend vor Augen geführt. Die wesentlichen Nachteile einer Rürup-Versicherung stellen sich wie folgt dar:

  • Keine Kündigungsmöglichkeit/Kein Rückkaufswert: Das in einen Rürup-Vertrag eingezahlte Kapital ist nicht frei verfügbar. Auch nicht in Krisensituationen wie der aktuellen Corona-Pandemie. Versicherte kommen nicht an ihr Geld. Es bleibt den Versicherten nur eine Beitragsfreistellung. Die Kosten des Versicherungsvertrages laufen dann aber weiter, so dass bis zum Renteneintritt das angesparte Kapital aufgezehrt sein kann und am Ende nicht einmal eine Rente übrig bleibt.
  • Kein Kapitalwahlrecht zum Rentenbeginn: Die eingezahlten Beiträge werden verrentet. Eine Auszahlung der gesamten Versicherungssumme auf einen Schlag ist ausgeschlossen.
  • Rürup-Rentenverträge sind nicht übertragbar und nicht beleihbar: Die Ansprüche aus einem Rürup-Vertrag sind nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG). Rürup-Verträge können daher auch nicht als Kreditsicherungsmittel verwendet werden. Auch besteht keine Möglichkeit, ein Policendarlehen aufzunehmen.
  • Hinterbliebenenleistung beschränkt: Selbst für den Todesfall bestehen erhebliche Einschränkungen. Die Versicherungsleistung wird ausschließlich nur an Ehegatten und nur an die Kinder ausgezahlt, die zum Todeszeitpunkt noch kindergeldberechtigt sind. Eine Bezugsrechtsänderung ist nicht möglich. Für geschiedene Eheleute ohne Kinder oder mit Kindern, die kein Kindergeld mehr beziehen, bedeutet dies, dass die Leistungen aus der Versicherung entfallen.

Die Versicherungsvertreterin hatte unserem Mandanten beim Abschluss des Vertrages nur die Vorteile der Rürup-Versicherung dargestellt. Insbesondere hatte sie auf die steuerlichen Vorteile hingewiesen. In der Tat sind die steuerlichen Effekte in der Ansparphase wegen der steuerlichen Absetzbarkeit der geleisteten Beiträge vorteilhaft. Der steuerlichen Absetzbarkeit der Prämien in der Beitragsphase steht  dann aber die Besteuerung der Rentenbezüge in der Auszahlungsphase gegenüber. Die Besteuerung wird damit zeitlich nach hinten verlagert. Dass es sich um eine zeitliche Steuerverschiebung handelt, war unserem Mandanten bei Abschluss des Vertrages nicht klar.

Ausstiegsmöglichkeit: Erfolgreiche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

Da unser Mandant den Vertrag in Kenntnis der genannten Aufklärungsdefizite nicht abgeschlossen hätte, haben wir von der Versicherung Schadensersatz gem. § 6 Abs. 5 VVG, § 278 BGB verlangt. Die Versicherung ist dem nachgekommen. Der Vertrag wurde daraufhin außergerichtlich aufgelöst und die auf den Vertrag geleisteten Prämien im Wege einer schadensersatzrechtlichen Rückabwicklung gem. §§ 249 ff. BGB zurückgezahlt.

Die Ausstiegsmöglichkeit aus Rürup-Verträgen über die Geltendmachung von Schadenersatz rückt immer mehr ins Zentrum der anwaltlichen Beratung. Bestätigt wurden vergleichbare Schadenersatzansprüche bereits von mehreren Oberlandesgerichten in Deutschland:

  • So hat das OLG Celle mit Urteil vom 02.10.2019 (Az. 8 U 26/19) entschieden, dass die unterlassene Aufklärung durch den Versicherungsvermittler über die Nachteile eines Rürup-Vertrages eine Verletzung von Beratungspflichten gem. § 61 Abs. 1 VVG darstellt. Dem Mandanten müssen die gezahlten Versicherungsprämien vollständig zurückgezahlt werden und die Versicherung wird aufgelöst.
  • Das OLG Köln hat mit Urteil vom 26.07.2019 (Az. 20 U 185/18) ebenso entschieden und festgestellt, dass dem Mandanten Schadensersatzansprüche zustehen. Dies deshalb, weil er von seinem Versicherungsvermittler nicht darüber aufgeklärt worden war, dass ein Rürup-Vertrag mit schwerwiegenden Nachteile und Beschränkungen für den Versicherungsnehmer behaftet ist, gerade im Vergleich zu einem herkömmlichen Rentenvertrag.
  • Auch das OLG Saarbrücken hat mit Urteil vom 26.02.2014 (Az. 5 U 64/13) entschieden, dass ein Versicherungsvermittler auf die Unterschiede der Rürup- bzw. Basisrente zu anderen Modellen einer flexiblen Privatrente hinzuweisen hat (so im Grundsatz auch bereits OLG Stuttgart, Urteil vom 08.2006, Az. 10 U 154/06) wie etwa über die fehlende ordentliche Kündbarkeit für den Erhalt eines Rückkaufswertes.

Nach einhelliger Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sind Versicherungsvertreter und -vermittler verpflichtet, Versicherungsnehmer über die erheblichen Unterschiede zu herkömmlichen Lebens- oder Rentenversicherungen zutreffend und vollständig in Kenntnis zu setzen. Dass dies vielfach nicht der Fall gewesen ist, zeigt dieses Beispiel aus unserer Beratungspraxis.

Drohende Verjährung der Ansprüche

Die Schadensersatzansprüche verjähren spätestens 10 Jahre nach Vertragsabschluss. Für Basisrentenverträge, die vor 2011 abgeschlossen worden sind, sind Rückabwicklungsansprüche bereits verjährt.

Sollten Sie unsicher sein, ob Ihr Basisrentenvertrag für Ihre persönliche Vorsorgesituation geeignet ist, sollten Sie eine Eignungsprüfung vornehmen lassen. Hierfür und ggf. für die Rückabwicklung Ihres Vertrages empfehlen wir, den Rat eines erfahrenen Anwaltes einzuholen. Für eine kostenlose Erstberatung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Nutzen Sie hierfür den nebenstehenden Dokumenten-Upload, schreiben Sie uns eine Nachricht oder rufen Sie uns an.

 

Neben der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen kommt auch eine vorzeitige Beendigung des Basisrentenvertrages durch Erklärung des Widerrufs in Betracht.  Lesen Sie hierzu unseren weiteren Beitrag zum Thema Basisrente http://die-verbraucheranwaelte.com/ausstieg-aus-basisrentenvertrag/

 

 

Bildnachweis: nmann77 – stock.adobe.com

Falls Sie Fragen zum Thema haben, schreiben Sie uns unverbindlich eine Nachricht. Wir beantworten Ihre Fragen gerne.

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